Warum der Einsatz von homöopathischen Komplexmitteln problematisch ist


Sehr häufig werden zur Behandlung von Krankheiten homöopathische Komplexmittel empfohlen, sei es in Internetforen, von Tierärzten oder auch Tierheilpraktikern. Dazu gehören z. B. Mittel wie Traumeel, Zeel oder SUC, in denen mehrere potenzierte Mittel zusammengemischt sind. Aus Sicht der klassischen Homöopathie ist die Anwendung von Komplexmitteln ungünstig. Um die Problematik ihres Einsatzes verstehen zu können, ist es wichtig, wesentliche Prinzipien der homöopathischen Behandlung verstanden zu haben. Diese sind:

  1. Arzneimittelprüfungen zur Feststellung der Wirkweise homöopathischer Mittel

Um Auskunft darüber zu erhalten, welche Symptome durch ein homöopathisches Mittel geheilt werden können, werden homöopathische Mittel zunächst an gesunden Personen getestet – in einer so genannten Arzneimittelprüfung. Nimmt eine gesunde Person homöopathische Mittel ein, entwickelt sie Symptome. Diese Symptome können dann mit dem jeweiligen Mittel auch beim Kranken geheilt werden. Die Symptome der homöopathischen Mittel werden in der Materia medica aufgelistet. Je besser und gründlicher ein Mittel geprüft ist, desto umfassender sind die Angaben in der Materia medica.

  1. Auftreten von Prüfsymptomen bei unsachgemäßem Einsatz

Wird ein homöopathisches Mittel bei einem Patienten eingesetzt, dessen Symptome nicht oder nur in geringem Maße mit denen des homöopathischen Mittels übereinstimmt, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Patient – genauso wie die gesunde Testperson – Prüfsymptome entwickelt, sich also quasi die Krankheit verschlimmert oder sogar eine neue „Krankheit“ entsteht. Das passiert ebenso, wenn homöopathische Mittel zu häufig oder zu lange eingesetzt werden. Von Laien werden die neu auftretenden Symptome dann meist nicht dem homöopathischen Mittel zugeordnet, sondern wie eine neue Krankheit eingestuft.

  1. Auswahl des homöopathischen Mittels nach den individuellen Symptomen des Patienten

Wesentlich für die erfolgreiche Behandlung mit homöopathischen Mitteln ist das Hauptprinzip der Homöopathie: Ähnliches mit Ähnlichem heilen. Wie oben schon gesagt, können die Mittel diejenigen Symptome beim Patienten heilen oder lindern, die das Mittel am Gesunden hervorruft. Die Behandlung wird umso erfolgreicher sein, je genauer die Symptome des Patienten mit den Symptomen des Mittels übereinstimmen. In der homöopathischen Behandlung gibt es nicht Standardmittel für Krankheiten, sondern nur individuelle Mittel für den aktuellen Zustand des einzelnen Patienten.

  1. Einsatz von Einzelmitteln

Jedes homöopathische Mittel setzt eine Art Krankheitsimpuls im Organismus, auf den dieser reagiert. Stimmen die Symptome überein, wird er dagegen vorgehen und so die Krankheit mit den Selbstheilungskräften aufheben. Um die Wirkung des Mittels auf den Organismus beurteilen zu können, ist es wichtig, nur ein Mittel zur Zeit einzusetzen und diesem auch Zeit zu geben zu wirken. Werden mehrere Mittel gleichzeitig eingesetzt, lässt sich nicht mehr beurteilen, welche der ggf. neu auftretenden Symptome aus dem Organismus selbst kommen und welche möglicherweise Prüfsymptome sind, die der Organismus durch die Mittelgabe entwickelt.

  1. Keine Behandlung in eine Besserung hinein

Je nach Potenz variiert die Mindestwirkdauer der homöopathischen Mittel von mehreren Stunden bis zu mehreren Monaten. Solange die Besserung anhält, darf keine weitere Mittelgabe erfolgen, weil man sonst die Selbstheilungskräfte des Organismus ausbremst, indem man wieder einen Krankheitsimpuls in den Organismus gibt. Dies kann auch zu Prüfsymptomen führen. Eine zu häufige Gabe kann auch irreversible Schädigungen hervorrufen.

  1. Gegenseitige Beeinflussung homöopathischer Mittel

Hinzu kommt, dass sich homöopathische Mittel auch gegenseitig beeinflussen können. Manche Mittel heben die Wirkung anderer Mittel auf (Antidotierung), manche Mittel vertragen sich nicht und stehen sich feindlich gegenüber, andere wiederum folgen gut aufeinander. Um eine Antidotierung oder das Auftreten von Problemen durch miteinander unverträgliche Mittel zu vermeiden, ist es wichtig, jeweils zu schauen, ob ein Mittel gut auf das im Vorfeld gegebene Mittel folgt.

Hieraus kann man nun leicht die Probleme beim Einsatz von Komplexmitteln ableiten:

  • Die Mittel sind nicht nach der individuellen Symptomatik des Patienten ausgewählt, sondern allgemein nach einer Krankheit.
  • In der Regel bestehen die Komplexmittel aus einer Vielzahl von Einzelmitteln
  • Ein Teil der enthaltenen Mittel ist nur unzureichend geprüft, so dass man nur einen geringen Teil der durch diese Mittel hervorgerufenen Symptome kennt.
  • Oft werden die homöopathischen Komplexmittel langfristig oder zu häufig verabreicht
Daraus folgt:
  • Wenn die enthaltenen Mittel nicht zufällig gut zur Symptomatik des Patienten passen, ist keine wirkliche Heilung mit dem Komplexmittel möglich
  • Durch die Vielzahl der enthaltenen Mittel kann die Reaktion des Organismus nicht mehr klar beurteilt werden
  • Die schlecht geprüften unter den enthaltenen Mitteln können Symptome hervorrufen, die nicht zuzuordnen sind, weil sie in keiner Materia medica aufgeführt sind
  • Die enthaltenen Einzelmittel können sich gegenseitig antidotieren oder schlimmstenfalls feindlich gegenüberstehen und dadurch zu negativen Reaktionen führen
  • Es können (u. U. irreversible) Prüfsymptome durch die nicht angezeigte, zu häufige oder zu lange Verabreichung auftreten